Tarifverhandlungen auf Branchenebene zwischen einzelnen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden sind nach wie vor die wichtigsten Mechanismen zur Festlegung von Löhnen und Bedingungen in Deutschland. Das System steht jedoch unter Druck, da die Arbeitgeber austreten oder niemals den Arbeitgeberorganisationen beitreten, und die Vereinbarungen selbst eine größere Flexibilität auf Unternehmensebene ermöglichen. Zahlen des IAB zeigen, dass im Jahr 2011 23 % der tarifgebundenen Arbeitsplätze sagten, dass es in den für sie geltenden Vereinbarungen Öffnungsklauseln gebe. Sie waren am häufigsten in der verarbeitenden Industrie, wo 35 % der Arbeitsplätze berichteten, dass ihre Vereinbarungen sie einschlossen. Dort, wo sie anwesend waren, wurden sie oft eingesetzt. Insgesamt gaben 59 % der Arbeitsplätze, deren Vereinbarungen Öffnungsklauseln über die Bezahlung enthielten, an, dass sie sie genutzt hätten, und 73 % der Arbeitsplätze mit Öffnungsklauseln zur Arbeitszeit gaben an, dass sie die von ihnen gebotene Flexibilität genutzt hätten. [4] Beide Zahlensätze zeigen die großen Unterschiede zwischen den Branchen im Umfang der Tarifbindung. Die öffentliche Verwaltung hat den höchsten Anteil an Tarifbeschäftigten (98 % auf der Grundlage der IAB-Zahlen und 99 % auf der Grundlage der Einkommensstruktur), während Information und Kommunikation den niedrigsten (20 % auf beiden Zahlensätzen) aufweisen. Im verarbeitenden Gewerbe, einem Schlüsselbereich der deutschen Gewerkschaften, liegt die Tarifbindung zwischen diesen beiden Extremen: 56 % der Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe sind Gegenstand von Tarifverhandlungen über die IAB-Zahlen und 43 % der Einkommensstruktur. Branchenvereinbarungen werden in der Regel auf regionaler und nicht auf nationaler Ebene ausgehandelt.
Infolgedessen gibt es geringfügige Unterschiede zwischen den Regionen. Die Hauptelemente der Abkommen, insbesondere die Höhe der Lohnerhöhung, werden jedoch in der Regel in allen Regionen gleich sein. Die größte Ausnahme bildet die ehemalige DDR, wo die ausgehandelten Löhne und/oder Bedingungen in einigen Branchen immer noch schlechter sind als in der ehemaligen Bundesrepublik Deutschland, obwohl sich die Lücke im Laufe der Zeit geschlossen hat. Die Lohnspezialisten des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialinstituts (WSI), das die Entwicklungen regelmäßig beobachtet, schätzen, dass Ende 2017 das durchschnittliche Niveau der ausgehandelten Tarife im Osten 97,5 % der im Westen lag. Obwohl es einige Branchen gab, wie das Bankwesen oder den Druck, in denen es keinen Unterschied gab, gab es andere, in denen der Unterschied immer noch beträchtlich war. Ein Beispiel hierfür sind die Vereinbarungen für Hotels und Gaststätten, bei denen der Hauptsatz in der Vereinbarung für Sachsen (Ost) nur 77,7 % des entsprechenden Satzes in der Vereinbarung für Bayern (West) betrug. [3] Eine Mindestlohnkommission, die sich aus Vertretern der Gewerkschaften und der Arbeitgeber zusammensetzt und externe Experten berät, macht Vorschläge für eine Erhöhung des Satzes unter Berücksichtigung der Erhöhung der kollektiv ausgehandelten Lohnsätze.